Ich habe einen Traum – mit diesen Worten leitete Martin Luther King am 28. August 1963 eine der bekanntesten Reden der Weltgeschichte ein. In seiner Ansprache, die er vor einem Publikum von mehr als 250.000 Menschen vor dem Lincoln Memorial hielt. Diese Veranstaltung war ein Höhepunkt in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, die sich nicht mehr damit zufrieden geben wollte, dass auch hundert Jahre, nachdem die Gleichheit aller Menschen in die Verfassung aufgenommen worden war, die Unterdrückung und Rassismus immer noch den Alltag prägten.
Martin Luther King bewies, dass es möglich ist, verkrustete Strukturen ohne Gewalt oder politischer Macht aufzuweichen. Seine Vision brachte ihn und seine Anhänger mehrmals ins Gefängnis. Am Ende wurde er für seine Ideen ermordet. Seine vier Kinder wuchsen größtenteils ohne Vater auf. King hat vermutlich mit diesem Ende gerechnet, sein großes Vorbild Mahatma Ghandi hatte ein ähnliches Schicksal erlitten.
Die Auswirkung des Lebens von Martin Luther King ist auch heute, 51 Jahre nach der berühmten Rede, deutlich spürbar. In großen Teilen der Vereinigten Staaten sind heute die Rassenschranken gefallen. Deutlich sichtbar ist diese positive Entwicklung daran, dass der Afro-Amerikaner Barack Obama zum Präsidenten gewählt wurde. Wenn heute leider immer noch rassistische Übergriffe passieren, ist die Öffentlichkeit empört, anstatt ignorant darüber hinwegzusehen.
Ich habe einen Traum – das ist auch der Titel eines Nummer-Eins-Hits der schwedischen Popgruppe ABBA. Auch hier wird proklamiert, dass Träume dabei helfen, Hindernisse zu bewältigen. Das ABBA-Musical „Mamma Mia“ nutzt dieses Lied als Eingangs- und Schlusslied in einer einfachen und amüsanten Geschichte. Sophie lädt ihre drei möglichen Väter zu ihrer Hochzeit ein und träumt davon, ihren wahren Vater kennenzulernen. Dass nun die drei ehemaligen Liebhaber ihrer Mutter zusammentreffen, löst eine Vielfalt von Turbulenzen aus, die schließlich in einem Finale münden, in dem alle glücklich sind, und die Frage nach dem Vater von Sophie ist bedeutungslos geworden.
Ich habe auch einen Traum. Und es ist nicht mein erster Traum.
Vor vier Jahren träumte ich davon, einen Verein zu gründen, der das Bweya Children’s Home in Uganda unterstützen und damit vor der Schließung bewahren kann. Ich hatte mich vor Ort informiert, die Probleme des Kinderheims gesehen und mit Moses Ssebaggala, dem Direktor des Kinderheims, in vielen Stunden zusammengesessen, um Ideen für eine gemeinsame Zukunft zu entwickeln. Ich flog wieder nach Hause und hatte eine Vision im Gepäck, von der ich den Menschen in meiner Umgebung erzählte.
Der Traum wurde wahr, weil sich andere anstecken ließen. Ein halbes Jahr später wurde „Zukunft für Bweyas Kinder e.V.“ gegründet. Ich selber hatte mich anstecken lassen, und hatte andere angesteckt. Möglicherweise ist diese Dynamik, die an eine Epidemie erinnert, ursächlich für den gedankenlos daher gesagten, vielzitierten Spruch von Helmut Schmidt: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“ (Helmut Schmidt hat sich übrigens später ausdrücklich davon distanziert. Es ist nachgewiesen, dass auch er mit einer visionären Kraft ausgestattet ist.)
Was macht Träume so attraktiv?
Liegt es in unserem aufgeklärten Zeitalter nicht näher, uns pragmatisch an den Möglichkeiten und Notwendigkeiten des realen Lebens zu orientieren? Das Folgen einer Vision ist doch eine hochgradig angelegte Verschwendung von Resourcen, oder? Ist Träumen ein Luxus, den sich nur Reiche leisten können?
Oder weisen Träume und Visionen den Weg zu einer besseren Welt?
I have a dream – these words were spoken by Martin Luther King on August 28, 1963 during one of the most famous speeches of world history, when more than 250,000 people gathered in front of the Lincoln Memorial. This event was a highlight in the American civil rights movement, which no longer wanted to be satisfied, that a hundred years after the equality of all men had been included in the Constitution, oppression and racism still were commonplace.
Martin Luther King proved that it is possible to soften old structures without violence or political power. His vision led him and his followers several times in jail. In the end he was murdered for his ideas. His four children grew up without a father for the most part of their life. King has probably expected this end. His idol Mahatma Gandhi suffered a similar fate.
The impact of the life of Martin Luther King is today, 51 years after the famous speech, clearly noticeable. The racial barriers have fallen in large parts of the United States. This positive development is clearly visible when the Afro-American Barack Obama was elected to be president. Racist attacks unfortunately still happen today, but the public is outraged, rather than overlook ignorant about it.
I have a dream – this is also the title of a number one hit of the Swedish pop group ABBA. Even they proclaim that dreams help to overcome obstacles. The ABBA musical „Mamma Mia“ uses this song as the input and final song in a simple and entertaining story. Sophie invites her three possible fathers to her wedding and she dreams of getting to know her real father. The gathering of the three former lovers of her mother triggers a variety of turbulence, which eventually lead to a happy end, and the question about the father of Sophie has become meaningless.
I also have a dream. And it’s not my first dream.
Four years ago I dreamed of founding a club that can support the Bweya Children’s Home in Uganda and avoid a closure. I had informed me on the spot, saw the problems of the children’s home and sat down with Moses Ssebaggala, the director of the orphanage, in many hours to develop ideas for a common future. I flew back home and had a vision in my luggage, which I told the people around me.
The dream came true because others were infected. Six months later, „Zukunft für Bweyas Kinder e.V.” (Future for Bweya’s Children) was founded. I had been infected, and I infected others. Maybe these dynamics, reminiscent of an epidemic, were the cause of the thoughtless, much-quoted saying of the former German chancellor Helmut Schmidt: „Anyone who has visions should go to the doctor.“ (By the way Helmut Schmidt later expressly dissociated his speaking. Indeed he is also equipped with a visionary power.)
What makes dreams so attractive?
Doesn’t our enlightened age teach us to behave pragmatically oriented to the possibilities and necessities of real life? Aren’t the consequences of a vision a highly-scale waste of resources? Isn’t dreaming a luxury only for the rich?
Or are dreams and visions the way to a better world?