Frau R.

Mir wäre es niemals in den Sinn gekommen, an einer Beratung via Skype teilzunehmen, denn ich hätte nie gedacht, dass das funktioniert.
Aber nachdem Rainer Finken und ich uns als vielbeschäftigte Menschen länger vergeblich um einen gemeinsamen Termin und Treffpunkt bemüht hatten, war die Skype-Besprechung am Ende alternativlos.
Was ich befürchtet hatte, traf nicht ein: Es gab keine technischen Probleme, die uns an einem ruhigen Gespräch gehindert und damit empfindlich gestört hätten.

Bei dem Anliegen, das ich mit Rainer Finken besprechen und für das ich eine Klärung finden wollte, ging es um einen Konflikt, den ich einige Monate zuvor mit einem Mann aus einem anderen Kulturkreis gehabt hatte.
Mit diesem Mann verbindet mich schon länger ein gutes freundschaftliches und auch vertrauensvolles Verhältnis. Umso mehr war ich verunsichert und verstand nicht, wie es zu diesem Konflikt kommen konnte. Auch fühlte ich mich irgendwie von ihm überrumpelt und hilflos.

Im Vorfeld des Gesprächs hatte ich viel darüber nachgedacht, was ich tun könnte, das mir fremde Verhalten des Freundes aus seinem eigenen kulturellen Verständnis heraus zu erklären und zu verstehen.

Aber dazu fehlten mir die Hintergrundkenntnisse.

Deshalb stellte ich mir vor, dass mir eine Beratung zu einem interkulturellen Konflikt im Wesentlichen dazu verhelfen würde, Wege zu finden, wie ich tiefer in die Kultur des anderen eindringen kann, um sie besser zu verstehen. Dieses Verstehen würde am Ende zu der Erkenntnis meinerseits führen, dass nur ich ein Problem hatte und der andere nicht, weil sein Verhalten aus der Sicht seiner Kultur völlig stimmig war.
Das würde dann, so nahm ich an, den Konflikt auflösen.

Der erhebliche Nachteil bei diesem Lösungsweg wäre gewesen, dass ich zwar ein tieferes Verständnis von einer anderen Kultur bekommen hätte, dass Ärger und Verdruss auf meiner Seite aber fortleben würden.

Vor diesem Hintergrund war für mich die Herangehensweise von Rainer Finken an mein Problem so überraschend einfach wie hilfreich!

Denn er führte das Gespräch so, dass ich meine Gedanken von meinem Gegenüber lösen und mich auf mich konzentrieren konnte, um mehr bei mir selbst zu sein. Mir war klar: Bei mir kann ich – anders als an einer mir fremden Kultur – etwas verändern.

Er führte das Gespräch mit einfachen Fragen, die er an mich richtete:
Was war das für ein Konflikt? Was hatte der Konflikt bei mir ausgelöst? Wie hatte ich darauf reagiert? Ob ich Möglichkeiten sähe, bei einer Wiederholung anders darauf zu reagieren und welche Möglichkeiten das wären?
Durch diese Fragen löste sich bei mir das Gefühl der Ohnmacht. Ich drang zwar im Verständnis der anderen Kultur nicht weiter vor, dafür aber im Verständnis meiner selbst und der Situation, wie ich sie sah.

Ich konnte danach auch eine Strategie entwickeln, die mir helfen wird, bei einer Wiederholung der Situation, die den Konflikt ausgelöst hat, zugleich gelassen, freundlich und bestimmt auf mein Gegenüber zu reagieren. Vor allem will ich darauf hinarbeiten, mich besser von ihm abzugrenzen.
Denn darum war es in der Auseinandersetzung gegangen: Ich hatte sein Verhalten als über-griffig empfunden und in der Überraschung darüber war mir die Abgrenzung nicht gelungen.

Ich habe nach diesem Gespräch ein neues, befreites Verständnis von interkultureller Kompetenz: Es geht zwar immer noch darum, den anderen vor dem Hintergrund seiner Kultur zu verstehen. Darüber darf ich aber nicht meine eigene Kultur aus den Augen verlieren und auch nicht meine eigenen Bedürfnisse ausklammern.